Über die Problematik rückständig tretender Vorderbeine
In diesem Video erklärt einer meiner Lehrer, Jean Luc Cornille, warum eine lotrechte Beinachse zum maximalen Belastungszeitpunkt für die Pferdegesundheit so wichtig ist.
Das Röhrbein (cannon bone) sollte zum maximalen Belastungszeitpunkt – also kurz vor dem Abfußen wenn sich die Fessel maximal absenkt – möglichst lotrecht/vertikal stehen. Steht es in dieser Lastphase rückständig, wirkt übermäßig viel Druck auf die tiefe Beugesehne (deep digital flexor tendon) und das Strahlbein (navicular bone=distal sesamoid bone).
Das rührt daher, dass die tiefe Beugesehne bis unterhalb des Strahlbeins verläuft. Unter rückständigem Tritt wirkt vermehrt Zugkraft auf diese Sehne was den Druck auf das Strahlbein und den umgebenden Bereich dort punktuell höher macht, als es bei einem lotrechtem Tritt der Fall wäre. Ein bisschen vergleichbar mit einem Seil das über eine Umlenkrolle führt – je mehr ich am Seil ziehe, umso mehr Kraft wirkt auch auf die Umlenkrolle. Hufrolle ist eine Entzündung in genau diesem Bereich.
Ein Vermindern der Rückständigkeit, welches eine Veränderung des gesamten Bewegungsablaufs ausgehend aus der Rückentätigkeit bedingt, kann hier helfen. Cornille hat bei Hufrolle viele Heilungserfolge erzielt und z.b. auch bei Quarterhorse Max, der auch einen Hufrollenbefund hatte, haben wir dementsprechend, neben einer guten Rückentätigkeit, viel daran gearbeitet dass er vermehrt lotrecht tritt.
An dieser Stelle sei hier nochmal auf Cornilles umfangreichen Onlinekurs „In Hand Therapy von Science of Motion“ verwiesen, dessen Inhalte durch Cornilles Akzent zwar etwas mühsam verständlich, aber biomechanisch sehr aufschlussreich sind.
Ebenso auch nochmal auf die (Online-)Vorträge von Christin Krischke über das „Vorwärts-Abwärts“, die „fein-lockere Zügelführung“ und „Tempo“, da das Thema der übermäßigen Last auf der Vorderhand in Zusammenhang mit der Kopfhöhe und dem Tempo beim Training diesbezüglich ebenfalls eine große Rolle für die Pferdegesundheit spielt.
Wenn man sich abschließend vor Augen führt, welche enorme Körpermasse auf die verhältnismäßig dünnen Pferdebeinchen wirkt, wird schnell klar, dass jede kleinste Winkelveränderung oder Körpermasseverschiebung ein bisschen mehr hierhin oder dorthin in Bezug auf die Verteilung jeglicher Kräfte v.a. für die Extremitäten (Schubkräfte, Federkräfte, Zugkräfte, Zentripedalkräfte, Reibungskräfte, Hebelkräfte uvm..) einen riesen Unterschied machen.