Zum Anweiden

Wichtige Info zum Thema Weidegang, die jeder Pferdehalter wissen sollte!

Seid vorsichtig beim Anweiden vor allem in so trockenen Frühlingswochen.

1. Wegen dem hohen Eiweißgehalt der jungen Gräser im Frühling.
Gräser lagern zuerst mal Eiweiß ein bis zur Blüte. Ab dann sinkt der Eiweißgehalt und der Raufaseranteil nimmt zu. Wenn es der Stoffwechsel eines Pferds erlaubt, dann empfehle ich mehrstündigen Weidegang deshalb immer erst nach dem Ähren/Rispenschieben (so nennt man die Blüte bei Gräsern), denn ab dann wird das Gras immer Heu-ähnlicher.

2. Wegen der Fruktaneinlagerung.
Pflanzen lagern Fruktan in der Wachstumsperiode (d.h. tiefer Winter mit Schnee zählt nicht dazu) dann ein, wenn sie Stress haben. Das Fruktan hilft ihnen Trockenheit besser zu überstehen, bei Pferden kann es jedoch Hufrehe auslösen, bei der sich das Hufbein im Huf irreversibel und sehr schmerzhaft absenkt (bis es manchmal sogar unten bei der Sohle rauskommt).
Stress für die Pflanze = zu trocken, zu eisig-kalt (eisig ist im Grunde auch trocken), zu hohe Besatzdichte (viele Pferde auf zu wenig Weidefläche), aber auch Gräsersorten die nicht an den Standort angepasst sind, wie z.b. für Kühe gezüchtete eiweißreiche Gräser auf eigentlichen Trockenrasenflächen. Ein weiterer Faktor der die Sache verschärft ist hohe Sonneneinstrahlung, weil sie eben das Wachstum anregt. Die Pflanze will dann wachsen weil es schön sonnig ist, kann aber nicht weil es zu trocken ist und dann lagert sie Fruktan ein. Wenn das Wetter dann günstiger für sie ist, wandelt sie das Fruktan wieder um. Das heißt die Fruktanwerte schwanken bereits innerhalb eines Tages: Am sonnigen Vormittag können sie höher sein, als am wolkigen Spätnachmittag.

Also zusammengefasst:
=> Wolkig und durchgängig laue Temperaturen über mehrere Tage: geringere Wahrscheinlichkeit für Fruktaneinlagerung
=> Sonnig + kalt/trocken: höhere Wahrscheinlichkeit für Fruktaneinlagerung

Wie kurz/lang die Weidedauer sein darf, kann leider nicht genau gesagt werden, da jedes Pferd unterschiedlich empfindlich auf Fruktan reagiert. Ich weide meine Pferde deshalb sehr spät (ab Mai) an. Man darf nicht auch vergessen, dass Pferde aus der Steppe kommen.

Und an dieser Stelle noch was Wichtiges, weil es mir immernoch so häufig in der Praxis begegnet:

3. Kurzes Gras (auch im Sommer, Hochsommer oder Herbst) ist immer eiweißreich! Nicht umsonst gibt es für milchproduzierenden Kühe eine Weideform die das Kraftfutter ersetzt und „Kurzrasenweide“ heißt. Bei dieser Haltungsform werden die Kühe immer nur auf Gras gestellt, das einige cm hoch ist, weil es eben so besonders energiereich ist.
Also ab jetzt wisst ihr hoffentlich: das Argument „auf der Wiese steht ja eh nix“ ist unsinnig, weil genau in den jungen Grasspitzen die meiste Energie steckt!